Der Lauf der Zeit - die astronomische Uhr in Straßburg
- Susanne Bartsch
- 26. Apr.
- 2 Min. Lesezeit

In den Osterferien konnte ich einen Abstecher nach Straßburg machen und dort die astronomische Uhr im Straßburger Münster besichtigen.
Diese Uhr aus dem 16. Jhr. zeigt die Zeit an sowie Datum, Erd- und Mondbewegungen, Mondphasen, Sonnen-und Mondfinsternisse, Planetenumlaufbahnen der damals bekannten klassischen Planeten von Merkur bis Saturn und sogar die Erdpräzession – ein Umlauf von ca. 26.000 Jahren – was ein sehr langsam laufendes Uhrwerk erfordert. Sie vereinigt also das gesamte astronomische Wissen der damaligen Zeit mit den verfügbaren technischen Möglichkeiten der Zeit.
Angeblich soll auch alles noch präzise funktionieren, was nicht so leicht nachzuprüfen ist.

Datum und Uhrzeit sind auf jeden Fall korrekt; bei den Planetenstellungen stimmten die Positionen mit meinen Kenntnissen nicht wirklich überein. Aber das ist eigentlich auch nicht so entscheident, denn dafür haben wir ja heutzutage andere Quellen.
Bemerkenswert finde ich einen ganz anderen Aspekt der Uhr: Dass überhaupt solche Darstellungen in Kirchen ihren Platz fanden.
Zum Einen war es wohl auch ein Prestigeobjekt, war es doch sehr sehr teuer eine solche Konstruktion zu erstellen und hat als Attraktion sicherlich viele Neugierige in die Kirche gelockt.
Darüber hinaus zeigt eine solche Planetenuhr aber auch dem Kirchenbesucher dessen Eingebundensein in ein größeres Ganzes, das weit über sein ihm bekanntes erfahrbares irdisches Leben hinausgeht und offensichtlich nach festen Gesetzen abläuft. Dabei verzichtet die Darstellung auf einen alten Mann mit weißem Bart als Schicksalslenker, sondern ehrt den Mathematiker, Astronomen und Arzt Nikolaus Kopernikus mit einem Portrait.
Neben Kopernikus gibt es natürlich noch viele andere Figuren mit religiösem oder mythischem Bezug, wie die zwölf Apostel, die vor Jesus defilieren oder Archetypen der Antike und die Darstellung der Tierkreiszeichen.

Die beweglichen und gemalten Figuren und astronomischen Elemente erzählen vom Werden und Vergehen, Aufgang und Untergang, vom Lauf der Zeit und von unterschiedlich langen Zyklen, angefangen vom kürzesten: dem Mondzyklus und dem längsten: der Erdpräzession ( woraus Begriffe wie Fische- oder Wassermannzeitalter resultieren).
Der Kirchenbesucher konnte durch die Betrachtung der Uhr zu tiefgreifenden Erkenntnissen über Zusammenhänge seines eigenen Daseins und über die Beschaffenheit der Welt, in der er lebt, gelangen.
Es gibt heutzutage nicht wenige Menschen, die der Ansicht sind, dass das Universum nichts, aber auch gar nichts mit ihnen zu tun habe (dabei befinden sie sich mittendrin, bzw. am Rande irgendwo).
Warum nicht mal wieder mehr astronomische Uhren aufstellen? Und sie dann auch astrologische Uhren nennen !
Die Wissenschaftshistoriker Günther Oestmann und Mathias Schramm kamen bei der intensiven Untersuchung der Straßburger Uhr zu der Erkenntnis, dass diese einige Verweise auf die astrologischen Schriften Ptolemäus enthält, den Verfasser des Tetrabiblos, dem antiken Grundlagenwerk der Astrologie.
Dabei muss ich an die Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz denken, die seit Ende 1969 dort steht und deren features im Vergleich mit der Straßburger Uhr gelinde gesagt sehr reduziert zu nennen sind.

Sicherlich ist der Anspruch der Berliner Uhr nicht mit der Straßburger Uhr zu vergleichen,
eine möglichst umfassende Darstellung des Kosmos zu zeigen, aber nur die Anzeige verschiedener Zeitzonen fordert den Verstand des modernen Betrachters nicht sehr heraus. Die symbolische Darstellung unseres Planetensystems, die dort dennoch plaziert wurde, wirkt eher wie ein verknotetes Wollknäuel.
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